Kein blasser Schimmer "Der Sehsinn ist kein eigener Sinn, sondern er ist sozusagen die Summer der vier Sinne."

 

 

Kein blasser Schimmer

für 2 Schauspieler, 2 Sänger, 7 Musiker und sehende und nicht-sehende Zuschauer


Zur Idee des Stücks

'Kein blasser Schimmer' ist ein Stück , das sehende und nicht-sehende Zuschauer gemeinsam erfahren müssen, d.h. sie tauschen ihre Eindrücke während der Aufführung aus. Der Eindruck ist erst dann vollkommen, wenn der andere hilft.
Joist ist von Geburt an blind, aber sie weiß es nicht. Seit ihrer frühesten Kindheit wacht ihr Vater sorgfältigst darüber, dass ihre Behinderung ihr nicht zum Bewusstsein gelangt. Jedes unbedachte Wort, jede unachtsame Geste von anderen wie - "Sieh mal einer an!" oder "Einen Augenblick bitte!" - versucht er schon im Vorfeld zu verhindern. Behütet und umsorgt von fachkundigem Personal wächst Jo heran; in einem Zustand "glücklicher Unwissenheit", in einem goldenen Käfig.
Hin und wieder spürt sie, dass sie anders ist als die Menschen, die sie umgeben, doch wie sollte sie es benennen?

Jo, was empfindet sie?

So lange sie nichts weiß, wird für sie und über sie gehandelt. Wissen aber heißt für sie auch, Verantwortung über Glück und Unglück selbst zu tragen.

Diderot (1749)

Blinde leben in einer vollständigen, in sich ruhenden Welt ohne ein Gefühl von Behinderung oder Inadäquatheit, so daß das 'Problem' der Blindheit (mit samt dem Wunsch, sie zu heilen) nicht ihres, sondern unseres ist.

Der Mensch ist ein "Augentier"

Was bedeutet Blindheit für uns "Sehende"? Was bedeutet sie für "Nicht-Sehende"? Was fehlt uns, wenn wir nicht sehen? Was aber über-sehen, über-hören, über-gehen wir, wenn wir uns auf unsere Augen verlassen? Oder sind wir Sehende so blind, daß wir sogar Nächstenliebe und Egoismus verwechseln?

Zur Inszenierung

Teile des Stückes werden im Dunkeln gespielt. Soweit Musik und Sprache die Handlung begleiten, können Sehende und Nichtsehende gleichermaßen das Stück verfolgen, fällt aber die Sprache fort und vielleicht auch die Musik, geraten die Sehenden ins Hintertreffen. Desgleichen umgekehrt: Farbenprächtige Bühnenbilder wiederum können natürlich nur die Sehenden richtig genießen. Die theatralische Form ermöglicht den Austausch von Informationen auch innerhalb des Publikums.

Die Idee der Inszenierung wurde nach der Diplomarbeit von Hellmut Schlingensiepen entwickelt. Es ist geplant, daß einen Fotoband mit dem gleichen Prinzip, sehende und nicht-sehende erleben gemeinsam, zu entwickeln.

Kein blasser Schimmer

Inszenierung:
Frank Schulz

Musik:
Matthias Heep

Libretto:
Norbert Ebel

Kostüme:
Ján Kocman

Bühne:
Stefanie Lenkewitz

Eine Co-Produktion mit dem ensemble für neue musik/ zürich
Leitung:
Jürg Henneberger

Meinungen

 

Pressebericht
"(...) Das Libretto von Norbert Ebel, das gesprochen und gesungen wird, ist von schlichter poetischer Qualität. So wie Blinde ihre Bewegungsabläufe stereotyp wiederholen, so arbeitet auch er geschickt mit der Satzwiederholung(...) Besonders auffällig was der betörend üppige und traumhaft sicher geführte Sopran der tatsächlich blinden Sängerin Christiane Oeppert (...) Ein thematisch und künstlerisch neeindruckender Abend (...)"

Pressebericht
"(...) Annette Bieker spielt die Rolle der blinden Jo so realistisch, dass man sie noch beim Schlussapplaus für eine tatsächlich Blinde hält (...)"

Pressebericht
"(...) Zusammen mit den Akteuren vom Düsseldorfer "Theater Kontra-Punkt" und den Musikern des "ensemble für neue musik zürich" haben sie ihr Stück so gestaltet, dass Blinde wie Sehende die Handlung verfolgen können (...)"